Kunst und Kommerz: ein Vergleich

Seit Jahren lese ich immer wieder, dass die Eigenschaften von Künstlern in der Wirtschaft gebraucht würden. Meistens wurde dies von Wirtschaftsprofessoren oder von arbeitenden Künstlern  geschrieben. Nun versuche ich mich an einer eigenen Analyse: Querdenken, Ideenmanagement und der Markt.

Beginnen muss man mit einer Definition – nämlich der, was Kunst ist. Und da wird es schon schwierig, denn das Verständnis von Kunst ist sehr unterschiedlich. Von Beuys >>Jeder ist ein Künstler.<< bis Goethe >>Allem Leben, allem Tun, aller Kunst muß das Handwerk vorausgehen, … .<< reicht die Spanne. Um den Deutungsraum etwas einzuengen beschränke ich mich auf bildende Künstler. Wer will, kann sich selbst ein Urteil bilden, ob zu einem Vergleich qualifiziert bin –  hier geht zur Webseite meiner Beratung cridon GmbH.

Punkt eins ist das Querdenken. Was in der Industrie außergewöhnlich ist, ist für richtige Künstler normal. Denn darum geht es seit etwa 150 Jahren. Oft als Regelbrechen verstanden ist Neues zu schaffen zentrales Credo der Kunst, und Neues bricht vorhandene Regeln. Denn alles Regelkonforme wurde schon ausprobiert. Aber Künstler brechen Regeln viel seltener als gedacht, sie kennen sie oft gar nicht. Sie unterwerfen sich viel weniger gesellschaftlichen Zwängen, weil sie wissen, dass das einschränkt. Quer zu denken heißt zu verbinden, was nicht verbunden ist. Die Wirtschaft will nur Querdenker, keine Regelbrecher, niemand der eindringlich auf Missstände hinweist. Denn jedes Unternehmen hat Regeln – auch die erfolgreichsten Innovatoren haben welche. Auch Apple will niemanden der ein iPhone in Pisse hängt. Google keinen, der einen Androiden an die Wand nagelt und Facebook zeigt nicht an, mit wem man schon im Bett war (Gute Ideen eigentlich … ). Querdenker brechen Regeln mit Handbremse. Und sie haben es schon schwer genug. Die meisten, die es intensiv versucht haben, sind einen Kopf kürzer.

Punkt zwei meiner Analyse sind Ideen. In vielen Firmen gibt es Ideenmanagement. Es heißt behutsam vorzugehen, denn der Begriff ist belegt. Ideenmanagement folgt Regeln. Es wird diskutiert wie man Ideen einfängt und vor allem, wie man sie bewertet. Eine Idee ist etwas >>Heiliges<< – und viel hängt davon ab. Zum Beispiel, dass der Ideengeber sein Geld bekommt. Und viele Kunden empfinden es als Problem, dass sie hunderte Ideen auf Halde liegen haben. Der Künstler versteht das gut, denn: eine Idee ist nichts: >>A dime a dozen<<.  Künstler haben ständig neuen Ideen – sie kommen und gehen am Fließband. Und natürlich ist die Auswahl schwierig. Ein Künstler der keine Ideen hat  ist >>blockiert<<. Einer der es nicht schafft rigide auszuwählen, sucht sein Heil nicht in Qualität. Viele der bekanntesten Künstler wählen sehr rigide aus. Sie werfen fertige Skulpturen weg oder übermalen Bilder. Wie Richter oder Koons. Andere gehen der Auswahl aus dem Weg. Sie schätzen den Prozess und machen ein Werk nach dem anderen: wie Meese. Jeder Künstler hat sein Ideenmanagement. Und eine Idee alleine ist nichts – erst für das fertige Werk gibt es Geld – wenn überhaupt.

Punkt drei meines Vergleichs ist der Markt. Die Wirtschaft berechnet Märkte, denn sie ist berechenbare Märkte gewöhnt – sie ist kommerziell orientiert. Meistens geht es auch lange gut, bis es kracht. Die Wirtschaft versucht mit aller Kraft herauszufinden, was der Kunde will. Wie ich immer wieder schreibe, auch zu Recht und am besten abseits ausgetretener Pfade. Grundsätzlich aber ist es möglich den Markt zu lesen und sich auf Änderungen vorzubereiten. Der Kunstmarkt ist unberechenbar. Im obersten Preissegment und in China stimmt das zwar nicht: Große Namen zählen, und klare Trends. Wie große Namen und der chinesische Realismus kommerziell erfolgreich sind, so sind Künstler aus der >>dritten Welt<< heute bevorzugte Künstler großer Shows. Abseits davon ist der Markt für viele Künstler ein Vabanquespiel. Am besten ist es, wenn man einen wichtigen Player des Marktes kennt. Oder wenn man seine Kunst macht und das Glück hat zum nächsten großen Ding zu werden. Nur Start-Ups lassen sich heute drauf ein.

Was habe ich vergessen. Was ist Eure Meinung? Regelbrechen ist erlaubt!

 

2 Kommentare zu „Kunst und Kommerz: ein Vergleich“

  1. Für mich ist nicht die Frage, was Kunst ist, sondern wie sie entsteht. Der Mensch ist eine schöpferische Wesen.Punkt 1.
    Der nächste Aspekt ist die der Regeln. Brechen oder nicht brechen? Nein. Als schöpferische Wesen machen wie neue, wenn die alten nicht mehr zeitgemäß sind.
    Punkt 3. Der Markt: Momentan wird noch das Spiel der monetären Interessen und des Machterhaltens gespielt.Doch die Zunahme der Komplexität lässt die Hierarchien bröckeln. Netzwerke werden immer wichtiger, Menschen wollen mitreden.
    Wenn wir den Unterschied zwischen Unternehmern und Künstlern überwinden, dann bringen beide etwas Schoepferisches in die Entwicklung einer neuen Humankultur ein.
    Bisher bringen Unternehmer ihre Ideen ein, um Fülle für sich zu schaffen und sich zu bereichern, während die Künstler aus der Fülle schöpfen und ihre Ideen und Produkte in die Gemeinschaft einbringen- in der Hoffnung auf Wertschätzung. ..

    1. Hallo Britta,

      vielen Dank! Ich kann Dir voll und ganz zustimmen!
      Du bringst gute Punkte mit ein – vielleicht habe ich das nicht präzise genug geschrieben ….

      Du schreibst auch treffend „Für mich ist Kunst …“ – ich hatte mal ein Buch in der Hand mit „1000 Definition der Kunst“ – ein weites Feld 😉

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